Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW) e.V.
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Berlin, 6. November 2006 - Der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW) hat die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag aufgefordert, das Reformtempo deutlich zu erhöhen. In seiner Grundsatzrede im Rahmen des 10. Tourismusgipfels im Hotel Adlon Kempinski Berlin sagte BTW-Präsident Klaus Laepple: "Lassen Sie uns mehr Markt wagen!" Die Tourismuswirtschaft habe ein großes Potenzial für Wachstum und für die Schaffung neuer Arbeitsplätze. "Aber Sie müssen die Voraussetzungen dafür schaffen", appellierte Laepple.

Als überreguliert bezeichnete der ranghöchste Repräsentant der Tourismuswirtschaft den Arbeitsmarkt. Auch führten die Eingriffe der Verkehrspolitik zu unnötigen Kapazitätsengpässen und Umweltbelastungen.

Die zum Teil unzureichende Qualifizierung der Schulabgänger und die zu geringe Anreizwirkung von Hartz IV führten zu Problemen bei Stellenbesetzungen. "Arbeitssuchende brauchen eine Absicherung. Aber noch wichtiger ist es, den Weg zurück in die Beschäftigung zu bahnen", sagte Laepple.

Der BTW-Präsident appellierte an die Bundesregierung, zur Schaffung neuer Arbeitsplätze den Kündigungsschutz zu lockern. "Die Tourismuswirtschaft braucht wie vielleicht keine zweite Branche die Möglichkeit, Arbeitsverhältnisse ohne bestimmte Sachgründe zu befristen. Reisen ist ein Saisongeschäft. Zudem schlagen wirtschaftliche Einflüsse, politische Entwicklungen und Naturereignisse schnell auf das Reiseverhalten durch", ergänzte Laepple. Das erfordere flexible Strukturen und damit die Möglichkeit, Arbeitsverhältnisse bei Bedarf mehrfach ohne Sachgrund zu befristen.

Als kontraproduktiv bezeichnete Klaus Laepple das Jugendarbeitsschutzgesetz in einem konkreten Punkt: "Jugendliche dürfen nur bis 22 Uhr arbeiten, auch wenn sie länger arbeiten wollten. Sie fallen für den Regelbetrieb am Abend aus." Damit sei die Gastronomie gezwungen, volljährige Gymnasiasten minderjährigen Haupt- und Realschülern vorzuziehen. Dies erschwere den Haupt- und Realschülern erheblich den Zugang zum Arbeitsmarkt im Gastgewerbe. Laepple: "Dieser Fehler muss korrigiert werden!"

Die Steuerpolitik der Großen Koalition beurteilte der BTW-Präsident differenziert. Ein Kompliment sprach Klaus Laepple der Bundesregierung für die Reform der betrieblichen Erbschaftssteuer aus. "Den vielen Unternehmen unserer Branche, die vor einem Generationswechsel stehen, erleichtern Sie damit die Zukunftssicherung."

Deutlich kritisiert hat Laepple die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer. "Ich wundere mich ehrlich gesagt, auf wie wenig Gegenrede diese Steuererhöhung stößt. Sie ist eine Konsumbremse und schadet der Wirtschaft, nicht nur der Tourismuswirtschaft." Die Reisebranche sei von der Steuererhöhung besonders stark betroffen, da die meisten Leistungen der Branche im Inland dem Regelsteuersatz unterliegen. "Ich sage es plastisch: Die Mehrwertsteuer-Erhöhung ist die Jugendsünde dieser Großen Koalition."

Im Bereich der Verkehrspolitik kritisierte BTW-Präsident Klaus Laepple die Warteschleifen und Staus als hausgemacht. "Die Warteschleifen am Himmel sind ökonomisch und ökologisch unhaltbar. Sie sind ein Skandal", kritisierte der Präsident.

Um Abhilfe zu schaffen, müssten Flughäfen ausgebaut und die Flugsicherung neu ausgerichtet werden. "Mit dem Stopp für die Privatisierung der Deutschen Flugsicherung ist das eigentliche Problem nicht gelöst. Die Flugsicherung muss effizienter organisiert werden. Und das heißt kostengünstiger und umweltverträglicher."

Die Tourismuswirtschaft sei sich ihrer besonderen Verantwortung für den Klimaschutz bewusst. Der BTW-Präsident betonte: "Deutschland und Europa alleine können und werden keine Gletscher retten." Die Politik trage eine große Verantwortung, die Staatengemeinschaft für den Klimaschutz zu gewinnen. Hierbei, so appellierte Laepple, müsse auf technische Innovationen zur Reduktion des Energieverbrauchs und Schadstoffausstoßes ein besonderes Augenmerk gelegt werden.

"Im Interesse der Menschen müssen der steigende Wunsch nach Mobilität, der steigende Bedarf an Transportkapazitäten und die Notwendigkeit der Schadstoffreduktion in ein schlüssiges Konzept gebracht werden." Der BTW-Präsident warnte vor nationalen und europäischen Sonderabgaben. "Ihre Wirkung besteht nur in der Wettbewerbsverzerrung gegenüber internationalen Mitbewerbern. Damit werden genau die Fluggesellschaften aus dem Markt katapultiert, die sich heute am aktivsten für Schadstoffreduktion einsetzen. Das kann nicht das Ziel sein."

Laepple forderte die Bundesregierung und die Landesregierung zudem auf, aktiv die Ursachen der Autobahnstaus soweit möglich zu beseitigen. Die Staus seien auch das Ergebnis der Ballung der Schulferien der einzelnen Bundesländer. "Ich wiederhole meine Mahnung: Die Sommerferien müssen weiter entzerrt werden. Nur so sind die extremen Staus zu beseitigen." Zudem müsse unbedingt das Baustellenmanagement verbessert werden, um zu den Zeiten maximalen Verkehrsaufkommens nicht noch zusätzliche Engpässe zu schaffen.

BTW-Präsident Klaus Laepple forderte Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel auf, die am selben Tag im Rahmen des Tourismusgipfels sprach, beim Thema Autobahn-Finanzierung für Klarheit zu sorgen. "Die deutsche Tourismuswirtschaft lehnt eine Pkw-Maut strikt ab. Kfz- und Mineralölsteuer sind genug. Das Geld muss nur richtig eingesetzt werden."