Wahlprüfsteine der Tourismuswirtschaft
„Einige positive Signale sind zu erkennen, doch über weite Strecken lassen die meisten Parteien ein Verständnis für die grundlegenden Rahmenbedingungen des Tourismus in Deutschland vermissen.“ Mit diesen Worten fasst der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW) Dr. Michael Frenzel die nun vorliegenden Antworten der Parteien auf die Wahlprüfsteine der Tourismuswirtschaft zusammen.
„Bedauerlich ist und bleibt die Tatsache, dass unsere Unternehmen und ihre Kunden über branchenspezifische Steuern und Gebühren nach Meinung vieler befragter Parteien weiter dauerhaft als unfreiwillige Geldgeber für die mehr oder minder leeren Staatskassen fungieren sollen.“ Das gute Preis-Leistungs-Verhältnis, das die deutsche Tourismuswirtschaft ihren Kunden bietet, wird z.B. über die Bettensteuern künstlich verschlechtert. Frenzel: „Geradezu erschreckend ist aus unserer Sicht die weitreichende Befürwortung der Luftverkehrsteuer. Die negativen Folgen, wie das Abwandern der Passagiere zu grenznahen ausländischen Flughäfen, sind bekannt, werden aber von den meisten Parteien scheinbar akzeptiert. Selbst der parteiübergreifende Bundesratsbeschluss, der die Bundesregierung zu einer zeitnahen Abschaffung dieser Steuer auffordert, wird dabei ignoriert. Das rigorose Nein von SPD und Grünen gegenüber der Beibehaltung der reduzierten Mehrwertsteuer für Übernachtungen kam nicht überraschend, bleibt aber ein großes Ärgernis. In dieser Frage zählen offenkundig keine Argumente, sondern ausschließlich polemisierende Schlagwörter. Dabei hat die aktuelle Regierung mit der Steuerabsenkung keinen nationalen Sündenfall begangen, sondern lediglich Wettbewerbsgerechtigkeit im Vergleich zu den europäischen Nachbarn geschaffen.“
Nur wenige der BTW-Fragen wurden von allen Parteien positiv beantwortet. „Erfreulich ist das klare Bekenntnis zum Single European Sky. Bleibt zu hoffen, dass es hier nicht bei einem Lippenbekenntnis bleibt, sondern diese Dauerbaustelle unabhängig von der künftigen Regierungskonstellation tatsächlich zeitnah zu einem erfolgreichen Ende gebracht wird“, so Frenzel. „Die weitreichende Ablehnung der PKW-Maut seitens der Parteien genauso wie in der Bevölkerung zeigt, dass dieses Thema endgültig vom Tisch gehört. Wichtig ist, dass hier nicht ein folgenschweres Zugeständnis an die CSU als einzigem Befürworter der Maut erfolgt.“ Auch die fast durchgängig positiven Antworten rund um das Thema Infrastruktur wertet der BTW zunächst einmal als erfreuliches Zeichen, wird aber gerade auch in diesem Punkt intensiv beobachten, ob Worten Taten folgen. Gleiches gilt hinsichtlich der weitreichenden Zustimmung in Sachen bezahlbare Energiekosten: Fast alle Parteien befürworten die BTW-Forderung nach einer EEG-Reform. Insbesondere aus Sicht der zahlreichen mittelständischen Unternehmen der Tourismusbranche, die mit ständig steigenden Energiekosten kämpfen, ist als kurzfristige Maßnahme eine Absenkung der Stromsteuer notwendig und mit Blick auf die durch steigende Strompreise und insbesondere die EEG-Umlage zunehmenden Mehrwertsteuereinnahmen des Staates dringend geboten.
Frenzel: „Das Ergebnis des Wahlchecks ist aus unserer Sicht recht zwiespältig: Zwar gibt es bei jeder Partei einzelne Lichtblicke - bei den aktuellen Regierungsparteien mehr als bei den Oppositionsparteien. Insgesamt jedoch fehlt ein übergreifendes Verständnis für die Arbeit wie auch die volkswirtschaftliche Bedeutung unserer Branche - eine Branche, in der in Deutschland fast drei Millionen Menschen arbeiten und die sich sowohl damit als auch mit ihrem Anteil von 4,4 Prozent an der Bruttowertschöpfung auf Augenhöhe mit Automobilindustrie und Maschinenbau befindet. In der heterogenen Tourismuswirtschaft greift wie bei einem Uhrwerk ein Rädchen ins andere. Belastungen eines Segments behindern in der Regel auch viele andere Bereiche der Tourismuswirtschaft. Insofern ist es für einen großen Teil der Branche beispielsweise kontraproduktiv, wenn der Luftverkehr als zentraler Verkehrsträger sowohl für den Outgoing- als auch für den Incoming-Tourismus von einzelnen Parteien quasi zum Feindbild erhoben wird, dem man möglichst viele Steine in den Weg legen möchte.“
Hintergrund: Ende Juli hatte der BTW den im aktuellen Bundestag vertretenen Parteien sowie der Piratenpartei und der Alternative für Deutschland mit seinen Wahlprüfsteinen Fragen zu insgesamt 27 exemplarischen Branchenbrennpunkten gestellt. Bis auf die AfD, die „aus Kapazitätsgründen“ auf die Beantwortung verzichtete, antworteten alle angeschriebenen Parteien.
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Nicole von Stockert
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