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Berlin, 8. Juli 2008 - Die heute vom Europäischen Parlament angenommene Richtlinie zur Einbeziehung des Luftverkehrs in den Emissionshandel wird von der deutschen Luftverkehrs- und Tourismuswirtschaft in der vorliegenden Form abgelehnt. Sie beeinträchtigt nachhaltig die Wirtschaftlichkeit und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Branche. Wegen der fehlenden internationalen Umsetzung verfehlt die Richtlinie außerdem die angestrebten Klimaziele.

Gerade die deutschen Fluggesellschaften leisten durch modernste Flotten und optimierte Arbeitsprozesse einen vorbildlichen Beitrag zur Einsparung von Treibstoff und zur Senkung von CO2-Emissionen. Damit dieser Weg erfolgreich fortgesetzt werden kann, musst das Emissionshandelssystem wettbewerbsneutral ausgestaltet und mit der Verwirklichung des Single European Sky verbunden werden. Dies sind grundlegende Forderungen der gesamten europäischen Luftverkehrs- und Tourismuswirtschaft.

Die Richtlinie führt stattdessen nun einseitige, massive Kostenfaktoren in den europäischen Luftverkehrsstandort ein - und dies zu einer Zeit, in die Wirtschaftlichkeit der Verkehrsbranche ohnehin bereits unter immensem Druck durch nie gekannte Energiepreise steht. 850.000 Arbeitsplätze in Deutschland sind durch die Luftverkehrsbranche geschaffen worden und hängen von ihr ab. Die weitere Verschlechterung der Wettbewerbssituation Europas ist für diese Arbeitsplätze ein schlechtes Signal.

Die deutschen Fluggesellschaften stehen in einem äußerst starken internationalen Wettbewerb. Der Treibstoffpreis stellt einen sehr großen Anteil der Betriebskosten dar. Die nun verabschiedete Richtlinie nimmt keine Rücksicht auf diese Situation. Seit dem das Gesetzgebungsvorhaben 2006 begonnen wurde, hat sich die Lage der Industrie nachhaltig geändert. Unter anderem ist der Ölpreis um 70 % gestiegen. Durch eine neue Situationsanalyse und Folgeabschätzungen hätte hierauf verantwortungsvoll reagiert werden können. Dies ist nicht geschehen.

Zentrale Kritikpunkte der Branche sind:

Besonders kritisch zu bewerten ist der Auktionierungsanteil der Zertifikate von zunächst 15%. Die Auktionierung ist kostspielig und unnötig, denn der Luftverkehr benötigt im zukünftigen Emissionshandelssystem weit mehr als die zur Verfügung gestellt Basisausstattung mit Zertifikaten. Mitnahmeeffekte - wie sie in anderen Branchen beobachtet wurden - sind ausgeschlossen.

Die erlaubten Emissionen werden zunächst auf 97% und später auf 95% der Emissionen des Basiszeitraums 2004-2006 begrenzt. Auch diese Regelung birgt mit der eingebauten Absenkung und mit späteren Revisionen hochkritische und kaum kalkulierbare Kostenrisiken.

Außereuropäische Staaten werden sich dem europäischen Emissionshandel nicht öffnen. Sie können sich auf internationale Abkommen berufen, die einseitige steuerähnliche Belastungen im Luftverkehr, der weltweit einheitlich gebührenfinanziert ist, verbieten. In den USA denkt die Regierung angesichts der problematischen Lage der Luftverkehrswirtschaft über eine Suspendierung aller Abgaben für die US-Fluggesellschaften nach. Ohne die Einbindung außer-europäischer Staaten in den Emissionshandel im Luftverkehr entstünden aber groteske Wettbewerbsverzerrungen: EUAirlines würden belastet, während internationale Wettbewerber auf denselben Flugrouten abgabenfrei fliegen und womöglich sogar zusätzlich entlastet würden. Weil außerdem nur der Flugverkehr über europäische Umsteigepunkte verteuert wird, droht zusätzlich eine Verkehrsverlagerung hinzu Konkurrenzstandorten, insbesondere in die Golfregion. Mit solchen Systemfehlern kann die Einbeziehung des Luftverkehrs in den Europäischen Emissionshandel keinen Nutzen für das Klima bringen.

Darum muss bei einer fehlenden Einbeziehung der Unternehmen aus Nicht-EU-Staaten unbedingt eine Ausnahmeklausel für Verkehre auf den betroffenen Strecken eingeführt werden. Nur so lässt sich die von der Bundesregierung im Klimaschutzprogramm von Meseberg beschlossene „wettbewerbsneutrale Ausgestaltung des Emissionshandels" retten.

Außerdem muss die zeitgleiche Umsetzung des Single European Sky, der wirtschaftlich wie ökologisch für Europa unabdingbar ist, von allen Mitgliedsstaaten politisch Priorität eingeräumt werden. So kann zumindest eine begrenzte Entlastung für Fluggesellschaften am Standort Europa mit Wettbewerbern aus Asien, den Golf- Staaten und den USA erreicht werden. Es ist nicht akzeptabel, dass dieses zentrale EU-Projekt, das aktiv Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit verbindet, über Jahre geplant und vorbereitet wird, ohne dass sich konkrete Effizienzgewinne und mehr Nachhaltigkeit im europäischen Luftverkehr eingestellt hätten. Dieser Punkt gehört auf die Tagesordnung des Rates der Staats- und Regierungschefs.

Das gesamte Verfahren muss zudem 2014 einer detaillierten Überprüfung innerhalb der EUVerordnung unterzogen werden, um möglichst schnell auf die ersten Erfahrungen reagieren zu können.

Die Pressemitteilung als PDF-Datei (114 kb)